Wer fragt, gewinnt! Wer fragt, der führt!

Schon mal gehört? „Frage, frage, forsche fix, wer nix fragt, erfährt auch nix“. In meiner Kindheit habe ich den Satz von meinem Vater eingetrichtert bekommen. Daraus wurde im Erwachsenenalter und meiner Zeit als Kommunikations- und Verkaufstrainerin „Wer fragt, der führt“. Nicht nur das Gegenüber, die Situation, die Richtung, sondern auch sich selbst! Schon sehr früh habe ich für mich erkannt, dass es im Leben wichtig und wegweisend ist, die richtigen Fragen zu stellen. Auch und vor Allem mir selbst. Im inneren Dialog mit mir selbst, gewinne ich Erkenntnisse, die wegweisend für mein weiteres Tun sind. Dabei stelle ich immer wieder fest, dass es gar nicht so einfach ist, sich die richtigen Fragen zu stellen, sie präzise zu formulieren, um eine wert-volle Antwort zu generieren. Was genau will ich denn wissen? Was genau will ich fragen und überhaupt – was ist denn das Motiv oder Ziel hinter meiner Frage? Suche ich nach Gründen, um vor mir selbst zu bestehen und mein Tun vor mir selbst zu rechtfertigen? Oder suche ich nach ehrlichen, wahrhaftigen Antworten, welche die Tür für etwas Neues öffnen? Auf das Motiv, das warum, komme ich später nochmals zu sprechen.
Als Kinder fragten wir noch unglaublich viel und im besten Fall hatten wir Erwachsene um uns herum, die uns mit Freude die Welt erklärten. Irgendwann bekamen die Meisten von uns die „Antwort“ – „Warum, warum ist die Banane krumm?“ oder „Frag‘ doch nicht so viel.“ Ich selbst kam immer wieder mal an meine Grenze, als meine Kids in der Phase des intensiven Fragens waren. Die Bananen-Antwort habe ich allerdings sehr bewusst vermieden. Denn was passiert, wenn wir als Kinder signalisiert bekommen, wie sehr die Fragerei den anderen nervt? Erst verkneifen wir uns Fragen zu stellen und irgendwann haben wir es verlernt oder sogar vergessen, dass das ein wesentlicher Aspekt der Kommunikation ist.
Auch in der Schulzeit machten viele die Erfahrung bei einer gestellten Frage ausgelacht zu werden und dann zu hören, wie dumm man sei. Das hinterlässt Spuren, denn viele fühlen sich tatsächlich dumm oder ungebildet, wenn sie eine aufkommende Frage haben und dem Gefühl, die einzige Person zu sein, die es (mal wieder) nicht versteht. Das lässt sich ganz wunderbar beobachten, wenn Erwachsene sich nicht getrauen im Seminar, bei Schulungen oder Vorträgen zu reagieren, wenn der Referent fragt, ob jemand Fragen habe. Eine Wand des grossen Schweigens. Oder es sind die immer gleichen, wenigen Personen, die Fragen stellen. Wer hat sich noch nicht dabei ertappt, dass glücklicherweise jemand genau die Frage stellte, die man selbst auf der Zunge hatte – und sich nicht traute. Und dann wird die Person auch noch gelobt für ihre gute Frage. Oder in der Pause ist zu hören „ich bin so froh, dass Du diese Frage gestellt hast, ich hätte sonst nichts verstanden“.
Im beruflichen und privaten Kontext gibt es jede Menge Situationen, in denen viele Fragen aus Mangel an Mut einfach nicht gestellt werden. Die Erfahrung der Zurückweisung steckt tief. Tatsächlich ist es so, dass Fragen deutlich machen, dass jemand mitdenkt, sich Gedanken macht und interessiert ist. Sowohl am Thema, als auch am Gegenüber. Das nennt man aktives zuhören, wenn aus Fragen weitere Fragen und Erkenntnisse entstehen. Bestenfalls solche, die einen weiter bringen. Wir selbst fühlen uns geschätzt und wohl, wenn sich jemand durch Fragen für uns interessiert. Fragen sind nicht nur im zwischenmenschlichen Kontext relevant, sondern wahre Meister des Erkenntnisgewinns, wenn wir in den inneren Fragen-Antwort-Dialog eintauchen.
Viele wollen und suchen Antworten für Probleme, Alltägliches im Allgemeinen und den Sinn des Lebens im Besonderen und lassen dabei ausser acht, wie wichtig es ausserdem ist, die richtigen Fragen zu stellen. Die im inneren Dialog formulierten Fragen regen den Geist und die Intuition, die innere Stimme an, Antworten zu erhalten. Und je genauer die Fragen formuliert sind, desto konkreter können Geist und innere Stimme liefern. Auch Lösungen!
Und dann ist da noch die Sache mit der inneren Haltung aus der heraus ich meine Fragen stelle. Irgendwann habe ich gemerkt, es reicht nicht „Warum ich? oder „Warum ist das so“? oder „Was soll ich denn machen?“ zu fragen. Diese Art der Frage kam immer dann, wenn ich völlig im Opfer sein aufgegangen bin. Ich tat mir selbst Leid und suchte nach einem Verantwortlichen im Aussen. Anklagend und schuldzuweisend. Ich nehme mir auch heute noch die Freiheit, diese Phase des Schmerzempfindens zu durchleben aber ich weiss, sie bringt mich nicht weiter. Deshalb ist das in den wenigen Fällen, in denen es mir danach ist, mir selbst Leid zu tun, auch immer relativ schnell wieder abgefrühstückt.
Meine persönliche Erfahrung ist, damit nährende und lösende Antworten „geliefert“ werden, ist es entscheidend, aus der inneren Haltung der Eigenverantwortung und Selbstermächtigung zu fragen. Ich also bereit bin, die vollständige Verantwortung für meine Situation zu übernehmen. Und das fühlt sich nicht immer toll an, ist auch nicht immer leicht, doch entscheidend ist, dass es mich schlussendlich weiter bringt.
Fragen, die aus der Haltung der Eigenverantwortung und Selbstermächtigung kommen, können sein:
- Wo habe ich mich entschieden, die Dinge laufen zu lassen, die mich jetzt einholen?
- Wem oder was gehe ich aus dem Weg, was ist meine Vermeidungsstrategie?
- Wo habe ich bereitwillig Verantwortung abgegeben, weil es bequemer war?
- Was will mir das Leben zeigen? Was soll / kann ich daraus lernen?
- Was ist mein Eigenanteil für das, womit ich konfrontiert bin?
- Was hat das, was mir widerfährt, mit mir selbst zu tun?
- Was genau ist die Ursache dafür, dass X passiert ist?
- Wie kann ich mit der Situation anders umgehen?
- Was brauche ich, damit es mir wieder gut geht?
- Welche Erkenntnis kann ich ableiten?
- Was ist mein Ziel in der Situation?
- Was für Optionen habe ich?
- Wie kann ich verzeihen?
- Wofür bin ich dankbar?
- Was kann ich tun?
- usw.
- …
Aus Erfahrung weiss ich, die Fragen sind manchmal extrem unbequem und können weh tun. Fragen zu stellen erfordert, wie eingangs beschrieben – Mut. Und der Spiegel, in den ich in dem Moment rein schaue und das, was ich sehe, ist nicht immer leicht zu ertragen. Allerdings hat der Moment, in dem die Antworten sich zeigen, etwas Berauschendes und verändert alles. Das Gefühl der Ohnmacht, des ausgeliefert seins, wandelt sich in MACHT. Ich er-MÄCHTige mich selbst = SelbsterMÄCHTigung. Das löst neue Energie aus, um wieder ins Handeln zu kommen. Manchmal entsteht auch GeLASSENheit. Wie das Wort sagt, ich kann es LASSEN.
Für mich sind Fragen nicht nur ein wichtiges Kommunikationsinstrument im zwischenmenschlichen Gespräch, sondern wertvoll für den inneren Dialog zur Selbstklärung, für Erkenntnisgewinn und meine persönliche Entwicklung. Wenn ich mich darauf einlasse, Fragen zu stellen, mir selbst Fragen zu stellen, dann bin ich mein eigener Coach und stärke mein Selbstmanagement und meine Resilienz.
Wie sind Deine Erfahrungen- oder Fragen dazu? Ich freue mich, wenn Du mir Deine Gedanken als Kommentar hinterlässt.
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